FÄROER-INSELN
Jonathan Miranda, Fédération Compagnonnique
Reihe von Bugspanten
Restaurierung des Segelschiffs Norðlýsið in Tórshavn. Aus alt mach neu!
Ich kam im Januar 2019 zum ersten Mal auf die Färöer, wir hatten während der Jahreshauptversammlung der CCEG von einem Unternehmen gehört, das auf der Suche nach Arbeitskräften war, so kamen wir in Kontakt mit dem Naver Jørgen Christiansen. Ich habe dort Anfang 2019 für drei Monate mit dem Compagnon Timothy Harter gearbeitet, dann noch einmal für drei Monate Ende 2019 mit einem Freund und ich bin im April 2020 mit einem anderen Compagnon zurückgekommen. Nachdem ich einige Monate auf einer großen Baustelle für Wohnungsbau gearbeitet hatte, hörte ich von der Restaurierung des Schiffs ,Norðlýsið‘. In Tórshavn, der Hauptstadt der Färöer, restaurierte das kleine Unternehmen Batasmið in der Mest-Werft das berühmte Schiff ,Norðlýsið‘, was im Färöischen Nordlicht bedeutet. Dieses alte Schiff war 1945 auf der Mest-Werft als zweites Schiff, das von dort kam, gebaut worden. Ursprünglich war es für den Handel mit England bestimmt, der aufgrund der Risiken während des Zweiten Weltkriegs sehr lukrativ war. Das Ende des Krieges bedingte eine Kursänderung: Ursprünglich als Fischerboot mit Motor ausgerüstet, wurde es 1984 zu einem touristischen Segelboot umgebaut, das Touren vor den 18 Inseln der Färöer anbot. 2018 wurde es dann vom Unternehmen Thor gekauft, welches seinerseits zusammen mit der Firma Batasmið einige äußerst notwendige Restaurierungsarbeiten durchführte.
Kalfatern der Heckplanken
Die Arbeiten, die eigentlich 3 Monate dauern sollten, nahmen mehr als ein Jahr in Anspruch; sobald die erste Beplankung entfernt war, wurde das Ausmaß der Schäden sichtbar: Zahlreiche Spanten waren verrottet wie auch eine gewisse Anzahl von Planken im Inneren, ebenso die Inneneinrichtung, die an vielen Stellen keine Luftzirkulation zuließ, sowie das Vorhandensein einer inneren ,Beplankung‘, die zweifelsohne der besseren Lagerung von Fisch dienen sollte. Bei der ersten Nutzung stellte dies aufgrund der großen Menge an Salzwasser, das die verschiedenen Bereiche benetzte, kein allzu großes Problem dar, aber als das Boot in ein Touristensegelboot umgewandelt wurde, kam es nicht mehr in Frage, die Spanten im Inneren mit Salzwasser zu benetzen.
Modellierstab, Kalfateisen und Werg
Das Segelschiff im Bau befindlich, 1945
Guðmundur Sjurðarson Norðbuð, der ,Patron‘ der Firma Batasmið (im Frz. ,singe‘, ,Affe‘, heißt in der Sprache der Compagnons sowohl ,Alter Hase‘ als auch ,Patron‘, Anm. Übers.), musste nach dem einfachen Austausch einiger Planken die gesamte Heckbeplankung und einen Teil des Decks sowie viele Spanten ersetzen. All dies mit Hilfe von Fridjoft S. Eidsvold, einem norwegischen Schiffsbauer, Eirikur Nybo A. Klet, einem färöischen Arbeiter, Thomas Findrup, einem dänischen Wikingerschiffbauer, der einige Wochen bei uns verbringen sollte, sowie einem weiteren dänischen Arbeiter, der im August vor meiner Ankunft abgereist war, was mir die Möglichkeit gab, den freien Platz auf der Werft zu übernehmen.
Als ich ankam, waren alle morschen Planken bereits ersetzt worden, ebenso wie einige Querbalken und eine große Anzahl von Pinnenauslegern. Mein Einsatz bestand zunächst darin, einige kleine Elemente zu ersetzen, die zum Aufrollen der Seile dienten, oder ,Bänke‘ im Heck, die ein Metallelement zur Halterung der Masten verstärkten. Ferner war meine Aufgabe, eine große Anzahl von Metallbolzen zu vernieten, die die Beplankung und viele andere Elemente halten sollten, aber auch die Planken zu hobeln, um die Fugen der Beplankung zu verbinden und den gesamten Rumpf zu glätten, dann mit Hanffasern zu kalfatern (verdichten), die zwischen jede Beplankung geschoben (,verstemmt‘) und mit Teer verschlossen wurden. Eine körperliche und schmutzige Arbeit, weit entfernt von dem Bild, das man sich unter freiem Himmel vorstellt, wenn von Segelbooten die Rede ist, aber eine einzigartige und spannende Erfahrung. Schließlich habe ich kurz vor meiner Abreise noch den Innenausbau der Bänke und die Inneneinrichtung vorgenommen. Eine eher ungewöhnliche Arbeit für einen ,Wolfshund‘ (Anmerkung der Übersetzerin: im Frz. ,Chienloup‘, ,Wolfshund‘, bezeichnet in der Compagnon-Idiomatik einen Zimmermann, Mitglied der Fédération, welche nach 1945 aus der Fusion zweier Gesellschaften entstanden ist), voller Geschichte und Erinnerungen – und daran teilhaben zu können, wird für mich ein großes Glück bleiben! Seit Mai ist die ,Norðlýsið‘ wieder in den färöischen Fjorden unterwegs.
Nach der Fertigstellung der ,Norðlýsið‘ habe ich mich wieder meiner üblichen Tätigkeit zugewandt, der Zimmerei an Land, aber für die Zukunft hebe ich mir noch einige maritime Projekte auf. Und es wäre mir eine Freude, euch einmal auf den Inseln begegnen zu können!
Bericht:
Jonathan Miranda, Provençal le Franc Cœur
Fotos:
Guiseppe Funnone und Ophelie Giralt
Übersetzung:
Christine Hussel
FEUERLAND
Benedikt Maria Schuster, Rolandschacht
Ans Ende der Welt – der Arbeit wegen?
Feuerland – was für ein Name. Rein davon ausgehend, rechnet man mit Vulkanen, unerträglicher Hitze oder sengender Sonne. Dabei hat die Betitelung dieser Inselgruppe einen profanen Ursprung. Die ersten Europäer, die sich bis dahin vorwagten, sahen schon von ihren Schiffen aus in den Siedlungen der Küste entlang zahlreiche Feuer. Der Grund war simpel: Die Ureinwohner wollten sich vor der Kälte und dem omnipräsenten Wind schützen. Somit gaben die Europäer dem Eiland den Namen Tierra del Fuego – Feuerland.
Warum in aller Welt sollte man einem solchen Ort einen Besuch abstatten, noch dazu auf Wanderschaft? Weil es sich ganz einfach lohnt! Nicht nur, da sich eine einzigartige Natur auf der zu Teilen chilenischen und argentinischen Inselgruppe vorfindet, sondern auch weil man als reisender Geselle mit etwas Glück zu sehr interessanter Arbeit kommt.
So erging es dem fremden Rolandsbruder Jonathan Wertmann und meiner Wenigkeit. Nachdem wir vorher den nördlichen Teil Argentiniens, ganz kurz Paraguay und Brasilien sowie Santiago de Chile bereist hatten, fiel die Entscheidung, die südlichste Stadt des Erdballs zu besuchen. Dies ist Ushuaia, gelegen am Beagle-Kanal und Ausgangspunkt für zahlreiche Antarktisexpeditionen. Wir kamen bei 9°C und deckel-entreißenden Winden auf der Insel an und machten uns auf die Suche nach einer Unterkunft. Da es Mitte Januar war, gestaltete sich das Unterfangen als weitaus schwieriger als gedacht. Das ist die Hauptsaison für Touristen und die argentinischen Sommerferien – da ist nicht mehr viel Platz frei.
Nachdem uns diverse Hostels eine Absage erteilt hatten, kam uns Freund Zufall zu Hilfe. Wir wurden angesprochen. Aber auf Deutsch! „Was denn zwei Zimmerleute hier machen würden“, fragte uns ein Mann. Er stellte sich als Pablo vor, geboren auf Feuerland, verheiratet mit einer Deutschen und Fremdenführer. Wir erzählten ihm von unseren Plänen und der momentanen Unterkunftsmisere. Sofort bot er uns ein Zimmer in seinem Haus an und spendierte uns mit seinem Auto noch eine kleine Rundfahrt durch die Stadt. Beim Abendessen stellte sich heraus, dass seine Frau dem Honorarkonsul der Bundesrepublik Deutschunterricht gab. Dieser hat zwar deutsche Wurzeln, durfte aber mit Beginn der Schulzeit nur noch Spanisch sprechen. Aber eben dieser Konsul besitzt eines der größten Bauunternehmen in Ushuaia und die beiden waren sicher, dass für zwei Zimmerleute Arbeit zu finden sei.
Ja, hier weht der Wind…
Bild mit dem deutschen Honorarkonsul auf Feuerland
Am nächsten Tag schauten wir beim Konsul vorbei und dieser zeigte sich begeistert. Deutsche Zimmerer bei ihm, und die wollen auch noch arbeiten! Stolz führte er uns über sein Firmengelände, das zwei große Holzwerkstätten mit diversen stationären Maschinen, ein großes Holzlager und eine eigene Trockenkammer besitzt. Zusätzlich vermietet er noch Ferienhäuser im viktorianischen Stil. Nachdem wir auf unserer bisherigen Reise schon einige schier unglaubliche ,Baukünste‘ der Argentinier und Chilenen bewundern konnten, war dies ein willkommenes Kontrastprogramm.
Dann zeigte er uns sein neuestes Projekt auf dem Gelände, eine große Garage. Dafür fehlten noch die Tore und somit stand unsere Aufgabe fest. Am nächsten Tag begannen wir unsere Arbeit, eine Skizze wurde uns bereitgelegt, über alles andere hatten wir freie Hand. 3 Tore sollten es werden, 2,60 m breit und unterschiedlich hoch, da es dort unten so üblich ist, die Bodenplatte mit Gefälle zu bauen (Der Sinn blieb uns allerdings verborgen.). Das Holz, das auf Feuerland und in großen Teilen Patagoniens verwendet wird, nennt sich Lenga, auch Südbuche.
Die Verwendungszwecke sind sowohl im Baubereich als auch im Möbelbau. Witterungsbeständigkeit, da gerbsäurehaltig, mittlere Faserlänge und Farbtöne von hellem Rot bis zu Grün kennzeichnen das Holz. Außerdem ist es recht feinjährig gewachsen.
Während einer von uns aus dem Lager die passenden Hölzer zurechtlegte, konnte der andere mit dem Abrichten beginnen. Als wir damit fertig waren, ging es ans Dickenhobeln. Danach teilten wir uns arbeitsmäßig auf. Jonathan fräste und verleimte die Bretter für die Füllungen, ich begann mit dem Ablängen der Zargen und der Ausarbeitung der Zapfen. Danach mussten die Zapfenlöcher angerissen und ausgearbeitet werden. Dies geschah an einem abenteuerlichen Langlochbohrer, der an die Welle der Dickenhobelmaschine gekoppelt war. Ein Fest für jeden BG-Kontrolleur …
Verleimen mit minimalem Zwingeneinsatz
Südlichster Punkt des südamerikanischen Kontinents
Jonathan konnte in der Zwischenzeit mit dem Schleifen der Füllungen beginnen. Es ging voran und so war es möglich, das erste Segment eines Tores zu verleimen. Da ein eklatanter Mangel an funktionierenden Zwingen vorherrschte, mussten wir mit einem improvisierten Gestell und Keilen arbeiten, aber wir meisterten diese Hürde. Ähnlich erging es uns mit dem Verleimen der ersten beiden Segmente zum ersten Tor.
Da es in diesem Betrieb Usus ist, die Zapfen nochmals mit Holznägeln zu sichern, wurden noch Löcher gebohrt und Holznägel gefräst. Das überraschte uns dann schon sehr, da es hier keine Fertigteile gab, sondern alles selbst gemacht werden musste. So langsam nahm das erste Tor Gestalt an. Die Füllungen wurden eingepasst und die Leisten sowie die Zierkreuze angefertigt. Unnatürlich für uns Zimmerer waren die vielen Schleifarbeiten, doch man ist ja flexibel und kann sich an neue Arbeitsabläufe einstellen. Wir arbeiteten uns voran, bis letztendlich die drei Tore entstanden waren.
Insgesamt haben wir gut zwei Wochen in dem Betrieb gearbeitet und dort interessante Erfahrungen gemacht. In den heimischen Werkstätten wird wohl nirgends mehr so geschafft, aber es war großartig, bis auf die Schrauben und den Leim wirklich alles selbst hergestellt zu haben.
Danach war die Lust aufs Reisen wieder geweckt, so machten wir uns auf in Richtung Norden, um noch mehr von Feuerland und Patagonien zu sehen. Das Trampen gestaltete sich allerdings äußerst zäh, denn anscheinend war den argentinischen Autofahrern die Kluft nicht so wirklich geheuer. Das andere Problem sollten dann die Wetterkapriolen und die kaum vorhandenen Unterstandsmöglichkeiten bei Regen oder prallem Sonnenschein sein. Aber irgendwie kamen wir vorwärts, ein Pärchen im roten T2-Bus brachte uns nach 2 Tagen des Wartens langsam, aber unaufhörlich in Richtung Norden. Uns stand nämlich noch ein weiteres Abenteuer bevor.
Nachdem wir mit Ushuaia die südlichste Stadt der Welt bereist hatten, war unser nächstes Ziel, den südlichsten Punkt des Festlandes zu bewandern. Dieser liegt an der Magellanstrasse und wurde in den achtziger Jahren sogar vom damaligen Papst Johannes Paul besucht. Allerdings mit dem Hubschrauber, und bald sollte uns klar werden: Das wäre um einiges einfacher gewesen, als auf Schusters Rappen dieses abgelegene Stück Erde aufzusuchen. Uns erwartete nämlich nicht, wie im Wanderführer angegeben, eine relativ anspruchslose 5-Tageswanderung mit der Querung von drei kleinen Bächen, sondern eine echte Herausforderung.
Felsige Strandabschnitte mit Klettereinheiten über Steine und umgestürzte Bäume, Hochmoore, Passagen mit Ab- und Aufseilen und Schwimmen mit Gepäck im eiskalten Wasser, alles war geboten. Das alles unter dem Druck, dass der nach den Angaben im Buch gekaufte Proviant vielleicht doch nicht mehr reichen könnte, wenn wir zu lange brauchten. Ach ja, und der südlichste Punkt ist im Übrigen auf einem Berg. Der auch sumpfig ist. Ganz toll. Da brachte selbst die atemberaubend schöne Landschaft nur in den wenigsten Fällen erfreuliche Ablenkung. Doch wir meisterten die uns selbst aufgebürdete Last und nach der Rückkehr in die Zivilisation aßen wir das wohl beste Steak auf der ganzen weiten Welt.
Jetzt, nach einigem zeitlichen Abstand kann ich aber sagen: Es war eine unvergessliche Wanderung im Nichts, und wir beide waren wohl die ersten Wandergesellen, die sich bis zu diesem Ort vorgewagt haben. Außerdem konnten wir Delfine, Wale, Seelöwen, Robben und Adler in freier Natur bewundern, das entschädigt dann doch für einiges.
Der Perito-Moreno-Gletscher
Unsere weitere Reise führte uns noch zum Perito-Moreno-Gletscher, an den Lago Carrera und zu guter Letzt wieder zum Ausgangspunkt unserer Reise, Buenos Aires. Von dort aus ging es nach drei intensiven Reisemonaten wieder nach Deutschland.
Bericht und Fotos:
Benedikt Maria Schuster, fremder Rolandsbrüder
Übersetzung:
Hannelore Imig